„Der einzig wahre Mut besteht darin, sich selbst so zu zeigen, wie man ist.“
– Alfred Adler
Wir alle wünschen uns Nähe.
Gesehen werden. Verbunden sein. Vertrauen spüren.
Doch wenn es dann wirklich nah wird, reagieren viele von uns plötzlich ganz anders, als wir es uns eigentlich wünschen: Wir ziehen uns zurück, werden unruhig, kritisch – oder klammern.
Warum ist das so?
Nähe berührt unsere alten Erfahrungen.
Die Art und Weise, wie wir in unseren frühen Beziehungen Zuwendung, Sicherheit und Verlässlichkeit erlebt haben, prägt unser heutiges Beziehungsverhalten.
Wenn wir als Kind erlebt haben, dass Nähe mit Schmerz, Ablehnung oder Verlust verbunden war, entwickelt unser inneres System eine Schutzstrategie.
Dann wird Nähe nicht als Geborgenheit, sondern als Risiko empfunden.
In der Individualpsychologie sprechen wir davon, dass jeder Mensch seinen ganz eigenen Lebensstil entwickelt – ein unbewusstes Konzept darüber, wie er sich in der Welt sicher und zugehörig fühlt. Wer gelernt hat, dass Nähe gefährlich ist, wird unbewusst Strategien entwickeln, um Distanz zu schaffen: Ironie, Überaktivität, Rückzug, Perfektionismus, emotionale Kälte.
Doch Beziehung braucht Mut.
Mut, das eigene Schutzverhalten zu erkennen.
Mut, sich selbst zuzumuten – mit allem, was dazugehört: mit Bedürftigkeit, Unsicherheit, Gefühlen.
Mut, Schritt für Schritt Vertrauen aufzubauen, wo einst Misstrauen war.
Wie kann das gelingen?
– Indem du dich selbst besser kennenlernst.
– Indem du deine alten Beziehungsmuster verstehst.
– Indem du übst, dich mitzuteilen – ehrlich und respektvoll.
– Indem du dir erlaubst, verletzlich zu sein, ohne dich zu verlieren.
Nähe ist kein Ziel, das man erreicht.
Sie ist ein Prozess. Eine Haltung. Eine Entscheidung – immer wieder neu.
Und sie beginnt nicht mit dem anderen, sondern mit dir.
Wenn du den Mut hast, dir selbst wirklich zu begegnen, wird echte Beziehung möglich. Nicht perfekt. Aber lebendig, tief und heilsam.